Nicht über andere, sondern mit Ihnen reden – Gemeinsam an dem „Haus Deutschland“ bauen

01.04.2014 CJD Nienburg « zur Übersicht

Pro. Dr. Wolfgang Reinbold (Beauftragter für Kirche und Islam in der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover)bei seinem Referat vor den zahlreichen Gästen zum Christlich-Muslimischen-Dialog im CJD Nienburg

 

Die Nienburger „Miteinander-Füreinander-Gruppe“ hatte in Kooperation mit dem CJD (Christliches Jugenddorfwerk Deutschlands e.V.) zum Christlich-Muslimischen Dialog geladen, über 80 interessierte Gäste kamen dieser Einladung nach und bekamen facettenreiche Impulse für ein menschliches Miteinander aller Menschen. Gemeinsam begrüßten Brigitte Bremer, Initiatorin der Miteinander-Füreinander-Gruppe und die Einrichtungsleiterin Sabine Pflaum des CJD Nienburg die zahlreichen Gäste. Im Gepäck hatte hierzu Brigitte Bremer ein Grußwort des ehemaligen ARD-Auslandskorrespondenten mit Nienburger Wurzeln, Christian Schmidt-Häuer. „Lassen sie sich nicht abschrecken, wenn die Spuren der Liebe füreinander von wem auch immer zertrampelt werden. Denn die Zukunft wird dem Miteinander-Füreinander gehören – oder es wird keine geben!“. Anschließend bereitete Peter Brieber mit einer kleinen und sehr einfühlsamen musikalischen Einführung die Gäste auf das vielschichte Referat von Prof. Dr. Wolfgang Reinbold, Beauftragter für Kirche und Islam in der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover, vor. In dem sehr zum Nachdenken anregenden Redebeitrag von Prof. Dr. Reinbold gab es zahlreiche Momente, bei denen ein Knistern in der Luft lag und eine Atempause des Publikums zu spüren war. So kam die sogenannte „Identitätsfalle“, die vermutlich jeder Mensch selbst kennt, wenn er zu bestimmten Bildern bereits vorgefertigte Meinungen und Zuordnungen in seinem Kopf hat, zur Sprache: „ Die vorgeprägten Bilder in uns nehmen viel vorweg““. Hier geht es insbesondere darum, auch wenn es noch so schwer fällt und mühsam ist, jede einzelne Situation, jede neue Begegnung neu zu denken und zu interpretieren. Bei dem voranzutreibenden Integrationsprozess „nicht übereinander sondern miteinander zu reden“. „Wenn wir Namen und ein äußeres Erscheinungsbild wahrnehmen, denken wir, wir wissen mit wem wir es zu tun haben, dies ist vermutlich der größte Irrtum in der Integrationsdebatte“. Weiter betonte Prof. Dr. Reinbold, dass die Gefahr bestehe, Teile der Gesellschaft in Lager zu treiben, da die Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen nicht miteinander sondern aneinander vorbei geschehe. „Die Kleinigkeiten sind die großen Dinge!“. Dies kristallisiert sich an dem miteinander reden, wo ist der gemeinsame Rahmen, der hier für alle hilfreich sein kann? Auf diesem Rahmen muss sich gemeinsam verständigt werden. Auf die Frage, wie denn ein gelingender Integrationsprozess aussehen könnte, bediente sich Prof. Dr. Reinbold einer sehr schönen Metapher: „Vergleichen wir den Integrationsprozess mit dem Bau eines Hauses, jeder bringt etwas mit oder hilft bei dem Bau mit, jeder ist beteiligt, so entsteht das gemeinsame Haus Deutschland“. Ein sehr intensiver und bereichernder anschließender Austausch bei einem kleinen Imbiss ließ die Veranstaltung ausklingen, wobei die jeweilige Länge der Einzelgespräche darüber Auskunft gab, wie groß letztendlich der Redebedarf bei jedem Einzelnen ist. Die Einrichtungsleiterin des CJD, Sabine Pflaum, bedankte sich ganz herzlich für den sehr wertvollen Vortrag von Prof. Dr. Reinbold und auch ganz herzlich bei den zahlreich Beteiligten:“ Wir haben einen Jugendmigrationsdienst, viele der von uns betreuten Menschen und unsere Mitarbeitenden haben einen Migrationshintergrund und wir haben ein Leitmotiv „Jedem seine Chance!“, den ständigen Prozess der Integration voranzutreiben kann nur gemeinsam gelingen, dieser Abend war ein sehr anschauliches Beispiel hierfür“.